Strahlentherapie

Die Strahlentherapie wird zur Behandlung von Tumorerkrankungen eingesetzt. Eine zielgenaue Verabreichung einer Strahlendosis tötet die Zellen im Bestrahlungsbereich ab. Dabei soll das umliegende Gewebe so gut wie möglich geschont werden. Zur Linderung von Schmerzen bei Arthrose hat sich die Bestrahlung ebenfalls bewährt.

INHALT
Einsatzbereiche Funktionsweise Ablauf Nebenwirkungen
Einsatzbereiche

Die Bestrahlung ist neben der Chirurgie und Chemotherapie eine wichtige Säule der Therapie von Tumoren (siehe entsprechender Artikel). Je nach Schwere der Erkrankung wird zwischen kurativer und palliativer Behandlung unterschieden. Ziel der kurativen Behandlung ist die Heilung oder langfristige Kontrolle des Tumors. Ist dies nicht mehr möglich, kann eine palliative Behandlung das Tumorwachstum verlangsamen und die Lebensqualität des Tieres verbessern.

Außerdem findet die Strahlentherapie bei den folgenden Erkrankungen ihre Anwendung:

  • Stark schmerzhafte Arthrose
  • Sialozelen (=speichelgefüllte Zysten)
  • Leckgranulome
  • Immunmediierte (=durch das Immunsystem selbst verursachte) Meningoenzephalitis (=Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute)
  • Idiopathische (=unbekannte Ursache) Meningoenzephalitis

Funktionsweise

In der Tiermedizin werden als Bestrahlungsgeräte meist Linearbeschleuniger genutzt. Diese erzeugen energiereiche Elektronen (=negativ geladene Elementarteilchen, Bestandteile von Atomen). Die Elektronen werden stark beschleunigt und treten dann direkt als Strahl aus dem Gerät aus. Damit können oberflächliche Tumore bestrahlt werden. Zur Bestrahlung tiefer liegender Tumore müssen hochenergetische Photonen (=Lichtteilchen) verwendet werden. Diese werden erzeugt, indem die Elektronen im Linearbeschleuniger zunächst auf eine Platte aus Wolfram (=ein Metall) treffen. Die durch den Aufprall auf die Platte entstandenen Photonen treten dann als elektromagnetischer Strahl aus dem Gerät aus.

Die bei der Therapie eingesetzte Strahlung schädigt die DNA (=Erbgut) von Zellen, die dadurch ihre Teilungsfähigkeit verlieren. Die Strahlentherapie nutzt dabei gezielt die Unterschiede zwischen gesunden und Tumorzellen: Gesunde wie auch Tumorzellen leben nur für eine begrenzte Zeit und werden fortlaufend durch Zellteilung ersetzt. Während der Zellteilung reagieren Zellen besonders empfindlich auf Strahlen. Tumorzellen teilen sich im Gegensatz zu gesunden Zellen häufig und werden aufgrund dieser hohen Teilungsrate vermehrt durch die Strahlung geschädigt. Jede Zelle besitzt zwar ein Reparatursystem für beschädigte DNA. Dieses funktioniert jedoch bei gesunden Zellen besser als bei Tumorzellen. Gesundes Gewebe erholt sich also von der Bestrahlung, während Tumorzellen absterben.

Die genauen Prozesse, wie Strahlen Entzündungsreaktionen reduzieren, wie beispielsweise bei Arthrose (siehe entsprechende Artikel), sind bisher noch nicht ausreichend geklärt.

Ablauf

Um die Lage und Größe eines Tumors genau zu bestimmen, wird oft vorab eine Planungs-Computertomographie (CT, siehe entsprechender Artikel) durchgeführt. Zur Bestrahlung eines oberflächlichen Tumors ist dies in der Regel nicht notwendig. Anschließend wird die optimale Lagerung deines Tieres für die Strahlentherapie festgelegt. Für die exakt gleiche Lagerung in jeder Bestrahlungssitzung können starre Kopfmasken und Vakuumkissen individuell angefertigt werden. Das Bestrahlungsfeld (=zu bestrahlender Bereich) wird mit einem Sicherheitsabstand zu schützenswerten Organen berechnet. Dazu zählen im Kopfbereich das Gehirn und die Augen.

Nun wird ein individueller Bestrahlungsplan erstellt, in dem die Anzahl der Sitzungen und die Höhe der Strahlendosis festgelegt werden. Ziel ist es, den Tumor mit der höchstmöglichen Dosis, jedoch das umliegende Gewebe mit einer möglichst geringen Dosis zu bestrahlen. Der Bestrahlungsplan ist abhängig von der Art und Lage des Tumors sowie dem Allgemeinbefinden des Tieres und gegebenenfalls weiteren vorliegenden Erkrankungen. Typischerweise finden fünf Bestrahlungssitzungen pro Woche statt. Für die palliative Behandlung werden im Gegensatz zur kurativen Behandlung oft weniger Sitzungen mit einer höheren Strahlendosis angewandt. Zur Bestrahlung bei Arthrose sind es nur wenige Sitzungen mit einer im Vergleich zur Tumorbestrahlung sehr niedrigen Dosis.

Die Strahlentherapie ist eine ambulante Behandlung. Die Bestrahlung an sich dauert jeweils nur wenige Sekunden. Um eine zielgenaue Bestrahlung zu gewährleisten, darf sich dein Tier nicht bewegen. Deshalb muss es für jede Bestrahlung in eine Kurznarkose gelegt werden. Nach Überwachung der Aufwachphase wird dein Tier wieder nach Hause entlassen.

Nebenwirkungen

Akute Strahlenreaktionen kommen vor allem bei kurativen Strahlentherapien vor. Sie können nach zwei bis drei Bestrahlungswochen entstehen. Im Bestrahlungsfeld können Fellverlust, Hautrötung sowie Haut- beziehungsweise Schleimhautentzündungen auftreten. Diese Veränderungen heilen in der Regel innerhalb einiger Wochen nach Ende der Strahlentherapie von selbst wieder ab. Das Nachwachsen des Fells dauert etwas länger. Meist wächst es danach in weißer Farbe nach. Akute Strahlenreaktionen werden, wenn nötig, mit Schmerz- und Entzündungshemmern und gegebenenfalls Antibiotika behandelt. Um den betroffenen Bereich zu schützen, sollte dein Tier einen Halskragen oder einen Wundschutzbody tragen.

Chronische Strahlenreaktionen treten erst Monate bis Jahre nach Beendigung der Strahlentherapie auf. Sie kommen vor allem bei der palliativen Strahlentherapie vor. Bei Tieren mit tumorbedingt geringer Lebenserwartung wird dies in Kauf genommen. Die Behandlungspläne sind jedoch so berechnet, dass späte Strahlenreaktionen nur sehr selten auftreten. Diese können sich äußern in:

  • Veränderungen der Fellfarbe
  • Kataraktbildung (=Grauer Star, siehe entsprechender Artikel)
  • Fibrosierung (=Verhärtung) von Haut und Bindegewebe mit daraus entstehender Einengung von beispielsweise der Harnröhre oder des Magen-Darm-Traktes
  • Gewebsnekrosen (=Absterben von Gewebe)

Ebenfalls sehr selten können durch eine Bestrahlung sekundäre Tumore entstehen. Am Rand des Bestrahlungsfeldes sind dies meist Osteosarkome (siehe entsprechender Artikel). Es können auch Tumore in Körperregionen entstehen, die weiter vom Bestrahlungsfeld entfernt lagen und trotzdem einer geringen Strahlendosis ausgesetzt waren. Die Entwicklungszeit von sekundären Tumoren beträgt mehrere Jahre. Deshalb spielt dieses Risiko nur bei jungen Tieren eine Rolle.

Da die Bestrahlung nur lokal im Bereich des Tumors durchgeführt wird, sind Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel oder Erbrechen unwahrscheinlich.